Der Schatz der Westgoten

Der Westgotenkönig Alarich I starb im Jahr 410 und wurde der Legende nach mit seinem Pferd und einem unermesslichen Schatz im Fluß Busento bei Cosenza in Kalabrien (Italien) begraben. Der Bürgermeister von Cosenza ist davon überzeugt, das im Fluß Busento in der Nähe seiner Stadt, Tonnen von Gold, Silber und Edelsteinen liegen, die Grabbeigaben des Gotenkönigs. Die Legende scheint zumindest teilweise wahr zu sein, denn der römisch-gotische Geschichtsschreiber Jordanes schrieb Mitte des 6. Jahrhunderts in seiner „Geschichte der Goten", König Alarich sei nach seinem plötzlichen Tod, unter der Gabelung zweier Flüsse begraben worden: „Nahe der Stadt wurde der Fluss Busento mithilfe von Deichbauten umgeleitet und darunter eine große Grabkammer ausgehoben”. Man beerdigte Alarich I. in der Tiefe des Grabes und legte auch den Schatz hinein. Dann wurde der Fluss wieder an seinen alten Verlauf verlegt und alle diejenigen getötet, die an dem Grab gearbeitet hatten”. Diese historische Quelle ist vermutlich glaubwürdig.

Doch das Jordanes in seiner Schilderung der Ereignisse ein Grab unter der Gabelung zweier Flüsse meint, ist unwahrscheinlich, auch wenn es eine solche Gabelung in Conzenza gibt - da, wo der Busento in den Crati mündet - denn das hätte die Umleitung des Flusses nur unnötig erschwert. Jordanes meinte wohl in der Nähe der Gabelung zweier Flüsse. Er schreibt auch "Nahe der Stadt wurde der Fluss Busento......." Eine infrage kommende Gabelung liegt mitten in der Stadt und ist außerdem, vollständig umbaut. Eine Suche wäre hier sehr schwierig, wenn nicht gar unmöglich. Es ist bekannt das Alarich bei seinem Raubzug durch Westeuropa und der Plünderung Roms Schätze von unvorstellbarem Wert mitgenommen hat, die seither verschollen sind. Gegen die Legende spricht das eine andere zeitgenössische Quelle – der spätantike Historiker Paulus Orosius (* um 385; † um 418) nichts über ein Grab im Flussbett berichtet; diese Version der Geschichte erzählt erst über 150 Jahre später der römisch-gotische Geschichtsschreiber Jordanes. Man mag das deuten wie man will. Zwei Hobbyarchäologen suchen jedenfalls seit Jahren nach dem Schatz. Sie vermuten den Schatz nun in einer Höhle am Oberlauf des Busento. Der Höhlenboden besteht aus Kiesel, der angeblich aus dem Busento stammt. Die Höhlenwände wurden bearbeitet und es ist ein primitiver Altar erkennbar. Alarich soll in einem tiefen Schacht im Höhlenboden bestattet sein. Sein Grab ist mit Kieselsteinen aus dem Busento bedeckt. Ein weiteres Indiz, das die Höhle die Grabstätte Alarichs sein könnte, ist der alte Name des Areals. Er lautet "Rigardi" - ein gotisches Wort, was übersetzt bedeutet: "Behandle diesen Ort mit Respekt". Der Beweis das Alarich tatsächlich hier bestattet liegt, konnte nicht erbracht werden, da die Archäologen von den zuständigen Behörden bisher keine Grabgenehmigung bekommen haben. Andere Schatzsucher vermuten das Grab unter einer Kirche am Flussufer. Die Ruinen der Kirche zumindest wurden gefunden. Grabungen wurden von den Behörden jedoch untersagt. Die Theorie klingt interessant und sollte weiter verfolgt werden. Wenn sie stimmt, wurde Alarich aber wahrscheinlich nicht einfach in der Erde unterhalb der Kirche begraben, sondern in einem bereits vorhanden gewesenen Gewölbe. Diese Begräbnisform war damals nicht unüblich. In vielen alten Kirchen finden sich unterirdische Grabgewölbe in denen hohe Persönlichkeiten bestattet wurden. Alarich könnte z.B. in einem Grabgewölbe unter dem Altarraum beigesetzt worden sein. Mit entsprechenden Geräten ließen sich evtl. Hohlräume unter der Kirchenruine sicherlich aufspüren.


Eine andere Theorie nennt einen künstlichen Sandhügel bei Cozenza als mögliche Begräbnisstätte. Als Indizien, die dies vermuten lassen, werden der Name des Hügels und ein in der Nähe befindlicher Berg angeführt.. Der Sandhügel wird im Volksmund Grifone genannt. Grifone bedeutet Greif, ein Fabeltier das einst häufig Gräber bewachte. Der in der Nähe gelegene Berg heißt Goldpferdberg, was eine Anspielung auf das Pferd von Alarich sein kann, da dieses ein goldenes Zaumzeug besessen haben soll. Keine dieser Theorien konnte bisher bewiesen werden. Das Grab blieb weiterhin verschollen.


Anmerkung des Autors: Die Methode der Grablegung, die angeblich bei Alarich Anwendung fand, ist auch von anderen Orten Europas aus dieser Zeit bekannt. Diese Art von Begräbnis machte aber eine gewaltige Ingenieurleistung erforderlich, denn das Wasser des Flusses Busento musste umgeleitet und nach der Bestattung wieder in sein ursprüngliches Bett zurückgeführt werden. Von besonderem Interesse sind Luftaufnahmen die Archäologen der Universität Rom gemacht haben. Die Bilder zeigen, dass der Busento in der Vergangenheit über eine Strecke von 9 km einen anderen Verlauf nahm als heute. Es ist jedoch zu bezweifeln, das der Fluss über eine solche lange Strecke künstlich umgeleitet wurde. Flüsse ändern durch verschiedene Umweltfaktoren, z.B. Überschwemmungen oft selbst ihren Verlauf, daher ist wohl eher davon auszugehen, dass es sich bei den Luftaufnahmen nur um einen früheren, natürlichen Verlauf des Busento handelt. Sofern die Legende über Alarichs Bestattung aber wahr ist, kann man die Vermutung anstellen, dass kein gradliniger Flussbereich für die Bestattung ausgesucht wurde, sondern eher eine Flussschleife, die mit relativ wenig Aufwand durchstochen werden konnte. Eine solche Flussschleife liegt ca. 1,5 km vor Conzenza an der Viala Virgilio. Hier macht der Busento eine scharfe Kurve nach Süden. Der Bereich ist auch heute noch unbebaut. Eine Suche nach dem Grab wäre dort möglich. Sicherlich gibt es auch andere infrage kommende Örtlichkeiten, doch der Busento ist 90 km lang und irgendwo muss man ja anfangen.


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